BAföG-FAQ
Anrechnung des Einkommens der Eltern und des Ehegatten/Lebenspartners
Von Nicola Pridik
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Das Wichtigste in Kürze …
- Nur das Einkommen eurer leiblichen oder eurer Adoptiveltern wird angerechnet; das Einkommen eines Stiefelternteils bleibt unberücksichtigt.
- In welchen Fällen ihr unabhängig vom Einkommen eurer Eltern gefördert werden könnt, erfahrt ihr hier.
- Unabhängig vom Einkommen eures Ehegatten/Lebenspartners könnt ihr gefördert werden, wenn sein Aufenthaltsort unbekannt ist oder er rechtlich oder tatsächlich daran gehindert ist, euch Unterhalt zu leisten.
- Maßgeblich ist jeweils das Einkommen aus dem vorletzten Kalenderjahr vor der Antragstellung. (Sollte das aktuelle Einkommen deutlich niedriger sein, könnt ihr einen Aktualisierungsantrag stellen.)
- Das Einkommen eurer Ehegattin / eures Ehegatten bzw. eurer Lebenspartnerin / eures Lebenspartners ist vorrangig gegenüber dem eurer Eltern zu berücksichtigen.
- Eine Anrechnung des monatlichen Nettoeinkommens findet nur dann statt, wenn es bestimmte Freibeträge übersteigt.
- Von dem nach Anrechnung der Freibeträge verbleibenden Einkommen bleibt mindestens wiederum die Hälfte anrechnungsfrei.
- Absolviert ein Bruder oder eine Schwester von euch eine Ausbildung, die ebenfalls mit BAföG oder mit Berufsausbildungsbeihilfe gefördert werden kann, so erfolgt die Anrechnung des Einkommens eurer Eltern bei euch je zu gleichen Teilen. (Ausnahmen unten)
- Bei konkreten Berechnungen hilft unser BAföG-Rechner.
- Allgemeine Infos zur Einkommensanrechnung findet ihr in einem gesonderten Artikel. Gleiches gilt für die Anrechnung eures eigenen Einkommens.
… mit der dringenden Empfehlung, auch die folgenden Details zu lesen!
Grundsätzliches
Habt ihr herausgefunden, wie viel BAföG ihr monatlich maximal erhalten könnt (vgl.
Artikel zur Bedarfsermittlung), so ist dies leider nicht zwingend derselbe Betrag, den ihr dann auch tatsächlich vom BAföG-Amt ausgezahlt bekommt. Vielmehr muss noch geklärt werden, ob ggf. Einkommen auf den Bedarf angerechnet werden kann und muss.
Zunächst wird euer eigenes Einkommen berücksichtigt (450 Euro im Monat sind bei abhängiger Beschäftigung anrechnungsfrei). Wie die Anrechnung im Einzelnen erfolgt, erfahrt ihr
hier. Seid ihr verheiratet oder lebt ihr mit einem Partner oder einer Partnerin in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zusammen, so ist außerdem das Einkommen eures Ehegatten bzw. Lebenspartners relevant, und dann natürlich das Einkommen eurer Eltern. Da die Unterhaltspflicht eures Ehegatten/Lebenspartners der Unterhaltspflicht eurer Eltern vorgeht, ist das Einkommen des Ehegatten/Lebenspartners vorrangig zu berücksichtigen. Nur in Ausnahmefällen spielt das Einkommen eurer Eltern keine Rolle. Mehr dazu könnt ihr im
Artikel zur elternunabhängigen Förderung nachlesen.
Unabhängig vom Einkommen eures Ehegatten/Lebenspartners könnt ihr nur dann gefördert werden, wenn sein Aufenthaltsort unbekannt ist oder er rechtlich oder tatsächlich daran gehindert ist, euch Unterhalt zu leisten, vgl.
VwV 11.2a.4. Beispiele für Hinderungsgründe findet ihr in
VwV 11.2a.3.
Bei euch selbst ist das Einkommen im Bewilligungszeitraum zugrunde zu legen, bei eurem Ehegatten/Lebenspartner und euren Eltern dagegen das Einkommen im vorletzten Kalenderjahr vor der Antragstellung (mehr dazu
hier).
Nachfolgend möchten wir euch die einzelnen Schritte der Anrechnung des Einkommens eures Ehegatten/Lebenspartners und eurer Eltern erläutern. Sie erfolgt jeweils in folgenden drei bzw. vier Schritten:
Die Darstellung beschränkt sich darauf, das Grundprinzip der Einkommensanrechnung zu vermitteln. Zahlreiche Details, die im Einzelfall zu einer - möglicherweise erheblichen - Veränderung der Berechnung führen können, bleiben aus Gründen der Übersichtlichkeit unberücksichtigt.
Wer möglichst schnell konkrete Beträge in eigener Sache erfahren möchte, sollte unseren
BAföG-Rechner nutzen.
Hinweis: Wenn im Folgenden von Ehegatte die Rede ist, so ist damit ebenso eine Ehegattin bzw. ein Lebenspartner / eine Lebenspartnerin (nach Lebenspartnerschaftsgesetz) gemeint.
1. Wie wird des monatliche Nettoeinkommen der Eltern oder des Ehegatten ermittelt? (§ 21 BAföG)
Ausgangspunkt der Berechnung ist das monatliche Bruttoeinkommen. Dieses erhaltet ihr ganz einfach, indem ihr das im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Bruttoeinkommen durch zwölf Monate teilt. Von diesem Betrag werden im Falle der
abhängigen Beschäftigung die Werbungskosten, die Beiträge zur Sozialversicherung (in Form der sog. Sozialpauschale) und die geleisteten Steuern abgezogen. Bitte beachtet, dass das im Sinne des BAföG ermittelte Nettoeinkommen nicht genau dem entsprecht, was eure Eltern real als Nettoeinkommen bekommen haben.
Im Einzelnen:
- Werbungskosten
Sie betragen seit 2011 im Jahr mindestens 1.000 Euro, im Monat also ca. 83 Euro. Hat das Finanzamt darüber hinaus Werbungskosten anerkannt, werden diese beim BAföG ebenso berücksichtigt. Gibt es zur Anerkennung von Werbungskosten keinen schriftlichen Beleg vom Finanzamt, muss die Person, die das Einkommen bezieht, die Höhe der Werbungskosten gegenüber dem BAföG-Amt glaubhaft macht, also nachvollziehbar darlegen, dass die Kosten entstanden sind (VwV 21.1.16).
- Sozialpauschale
Die Beiträge zur Sozialversicherung werden pauschal abgezogen. Bei abhängig Beschäftigten handelt es sich um 21,2 % des um die Werbungskosten reduzierten Einkommens. Zugleich legt das BAföG einen Höchstbetrag für die Pauschale fest. Dieser liegt bei abhängig Beschäftigten bei jährlich 13.000 Euro, monatlich also bei etwa 1.083 Euro.
- Steuern
Abgezogen werden die Einkommensteuer, die Gewerbesteuer, die Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag.
- Beiträge zur Riester-Rente
Die geleisteten Altersvorsorgebeiträge entsprechend der Bescheinigung nach § 92 EStG, die jedes Jahr als Riester-Beleg fürs Finanzamt ins Haus flattert. Derzeit (Stand 2016) werden pro Jahr maximal 1.946 Euro berücksichtigt. Relevant ist der Beleg aus dem vorletzten Jahr vor Beginn des Bewilligungszeitraums. Im Falle eines Aktualisierungsantrags ist der Beleg aus dem Kalenderjahr vor der Antragstellung vorzulegen (Vgl. VwV 21.1.33.). Nicht abzugsfähig sind Beiträge zur sog. Rürup-Rente.
Beispiel 1: Der Einkommensbezieher hat ein jährliches Bruttoeinkommen von 24.000 Euro aus abhängiger Beschäftigung |
|
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Zwischenrechnung |
Ergebnis |
Monatliches Bruttoeinkommen aus abhängiger Beschäftigung |
24.000 € / 12 Monate |
2.000 € |
abzgl. Werbungskosten (mind. 1.000 €/Jahr) |
1.000 € / 12 Monate |
- 83 € |
Zwischensumme |
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1.917 € |
abzgl. Sozialpauschale (21,2 %) |
1.917 € x 0,212 |
- 406,40 € |
abzgl. Steuern |
(hier: geschätzt) |
- 200 € |
Monatliches Nettoeinkommen |
|
1.310,60 € |
Ist der Einkommensbezieher
selbstständig tätig, so ändert sich an der Berechnung Folgendes:
Von den monatlichen Einnahmen werden zunächst die Betriebsausgaben abgezogen. Werbungskosten gibt es bei selbstständiger Tätigkeit dagegen nicht. Und die Sozialpauschale liegt mit 37,0 % und maximal 1.866 Euro monatlich deutlich höher als bei abhängig Beschäftigten. Das Beispiel verändert sich demnach bei selbstständiger Tätigkeit wie folgt:
Beispiel 2: Der Einkommensbezieher hat ein jährliches Bruttoeinkommen von 24.000 Euro aus selbstständiger Tätigkeit bzw. aus Gewerbe |
|
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Zwischenrechnung |
Berechnung |
Monatliche Einnahmen aus Selbstständigkeit/Gewerbe |
24.000 € / 12 Monate |
2.000 € |
abzgl. monatliche Betriebsausgaben |
Beispiel |
- 200 € |
Zwischensumme |
|
1.800 € |
abzgl. Sozialpauschale (37 %) |
1.800 € x 0,37 |
- 666 € |
abzgl. Steuern |
(hier: geschätzt) |
- 200 € |
Monatliches Nettoeinkommen |
|
934 € |
2. Welche Freibeträge werden berücksichtigt? (§ 25 BAföG)
Natürlich sollen weder euer Ehegatte oder Lebenspartner noch eure Eltern ihr gesamtes monatliches Nettoeinkommen für euren Unterhalt aufwenden müssen. Das BAföG sieht deshalb Freibeträge für jeden Einkommensbezieher vor. Nur dann, wenn das Nettoeinkommen über dem jeweiligen Freibetrag liegt, kommt eine Anrechnung in Betracht.
Die Freibeträge werden durch das Gesetz vorgegeben. Dabei wirken sich zwei Faktoren auf die Höhe des Betrags aus:
- Bei euren Eltern: Sind sie verheiratet und leben sie zusammen?
Ist dies der Fall, so erhalten sie einen gemeinsamen „großen“ Freibetrag auf ihr Einkommen. Sind sie dagegen nicht verheiratet, anderweitig verheiratet, leben sie dauerhaft getrennt, sind sie geschieden oder ist ein Elternteil verstorben, so wird bei jedem (bzw. dem hinterbliebenen) Elternteil ein gesonderter „kleiner“ Freibetrag berücksichtigt.
- Ist der Einkommensbezieher einem Kind oder einem Ehegatten gegenüber unterhaltspflichtig, der mit euch nicht in einer Eltern-Kind-Beziehung steht?
Für jeden Unterhaltsberechtigten wird der Freibetrag um einen zusätzlichen Betrag aufgestockt. Hat der Unterhaltsberechtigte eigenes Einkommen, so mindert dies den Betrag. Außerdem wichtig: Unberücksichtigt bleiben Unterhaltsberechtigte, wenn sie eine Ausbildung machen, die – zumindest theoretisch – mit BAföG oder Berufsausbildungsbeihilfe gefördert werden kann (siehe dazu unten 4.). - Erfolgt die Einkommensanrechnung für beide Eltern getrennt und haben sie weitere gemeinsame Kinder, so wird bei jedem Elternteil der Freibetrag für die Kinder nur je zur Hälfte berücksichtigt. Habt ihr dagegen Halbgeschwister, so wird der Freibetrag für diese beim jeweiligen Elternteil in voller Höhe abgezogen. (Vgl. VwV 25.3.4.)
Freibeträge vom Einkommen der Eltern und des Ehegatten/Lebenspartners
Für … |
Freibetrag |
vom Einkommen miteinander verheirateter oder in einer Lebenspartnerschaft verbundenen Eltern |
1.715 € |
vom Einkommen jedes Elternteils in sonstigen Fällen / vom Einkommen des Ehegatten/Lebenspartners des Auszubildenden |
1.145 € |
für den nicht in Eltern-Kind-Beziehung zum Auszubildenden stehenden Ehegatten oder Lebenspartner des Einkommensbeziehers |
570 € |
Für jedes weitere Kind des Einkommensbeziehers |
520 € |
In Ausnahmefällen kann auf Antrag ein zusätzlicher Härtefreibetrag gewährt werden, wenn der oder die Einkommensbezieher z. B. durch Aufwendungen für behinderte Personen, denen gegenüber sie unterhaltspflichtig sind, außergewöhnliche Belastungen zu tragen haben. Der Antrag muss vor dem Ende eures Bewilligungszeitraums gestellt werden.
Noch Fragen?
Schaut in unser
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