Werbungskostenpauschale 2022 erhöht!Werbungskosten beim BAföG berücksichtigen

Der Bundestag hat am 12. Mai das Steuerentlastungsgesetz 2022 beschlossen. Der Bundesrat hat das am 20. Mai noch bestätigt. Damit wird die Werbungskostenpauschale rückwirkend zum 1. Januar 2022 auf 1.200 € für das Kalenderjahr erhöht und gilt so auch in den Folgejahren. Das hat Folgen auch für das BAföG.
1. Wann sind die Werbungskosten für dich als BAföG-Empfänger:in wirklich relevant?
Aus BAföG-Sicht sind deine Werbungskosten nur dann interessant, wenn du so umfangreich neben dem Studium jobbst, dass du den Freibetrag überschreitest und daher Abzüge beim BAföG in Kauf nehmen musst.
Daneben kann es noch aus steuerlicher Sicht interessant werden – aber nur, wenn du vor deinem aktuellen Studiengang bereits eine Berufsausbildung oder ein anderes Studium erfolgreich abgeschlossen hast oder aktuell ein duales Studium absolvierst. Hierzu bald (dauert leider noch bis Ende Juni 2022) mehr in einem gesonderten Artikel, der dann hier verlinkt sein wird.
Zurück also zum BAföG und Werbungskosten: Ohne eigenes Zutun wird immer die Werbungskostenpauschale berücksichtigt. Erst die Werbekostenpauschale mit der Sozialpauschale und dem Einkommensfreibetrag des BAföG von 290 € führen dazu, dass „genau“ das Einkommen aus einem Minijob (450 €/ Monat brutto) ohne Anrechnung beim BAföG bleibt. Der Einfachheit halber heißt es daher auch überall, der Freibetrag liege bei 450 € – was eben nicht ganz korrekt ist und beispielsweise bei Einkünften (=Gewinn) aus Selbständigkeit nicht stimmt, da bei diesen keine Werbungskostenpauschale greift.
Klarer wird das mit dem Rechenweg, warum 450 € monatlich (=5400 € bei einem normalen Bewilligungszeitraum von 12 Monaten) ohne Anrechnung bleiben, obwohl es nur 290 € Einkommensfreibetrag gibt:
Das 27. BAföG-Änderungsgesetz (sollte bis spätestens Juli 2022 beschlossen sein) bringt zusammen mit weiteren Gesetzesänderungen höhere Freibeträge. Details hier.
2. Wie können erhöhte Werbungskosten für das BAföG nachgewiesen werden?
Sollten deine Werbungskosten tatsächlich höher sein, als von der Werbungskostenpauschale gedeckt, so muss das BAföG-Amt das berücksichtigen.
Da der BAföG-Bewilligungszeitraum (BWZ) praktisch nie einem Kalenderjahr entspricht, kannst du etwaige Aufstellungen / Belegsammlungen für das Finanzamt nur begrenzt nutzen. Du kannst stattdessen wirklich nur die Werbungskosten ansetzen, die während des BWZ angefallen sind. Diese musst du mittels Belegen (insbesondere Rechnungen, bei Fahrtkosten für ein Auto eine Art Fahrtenbuch) nachweisen und dem BAföG-Amt vorlegen.
Du musst beachten, dass Kosten für das Studium selbst nicht als Werbungskosten zählen, wenn vorher noch keine Berufsausbildung oder ein anderes Studium erfolgreich abgeschlossen wurde. Vereinfacht gesagt zählt also nur, was direkt mit dem Job zu tun hat – Fahrtkosten zum Job, Bücher oder andere Dinge, die nur für den Job, nicht aber auch für das Studium relevant sind.
3. Warum es für die Monate Januar bis (in der Regel) September 2022 zu einer BAföG-Nachzahlung kommen kann
Wie im ersten Abschnitt erklärt, spielen mehrere Faktoren zusammen, die zu dem noch aktuellen „Freibetrag“ von 450 €/Monat geführt haben. Durch die Erhöhung der Werbungskostenpauschale auf 1.200 € rückwirkend ab Januar 2022 ist dieser Freibetrag aber gestiegen – auf 468,48 € pro Monat. Der bisherige lag ganz genau genommen bei 451,81 €. Zwar steigt die Grenze, ab der es zu Abzügen kommt, um 16,67 €. Da der Rechenweg aber so ist, dass vom Brutto erst die Werbungskosten (künftig 100 € für jeden Monat Bewilligungszeitraum) und dann die Sozialpauschale (prozentual) abgezogen werden, gibt es bei mehr Überschreitung der Grenze leider nur 13,12 € pro Monat zurück – Werbungskostenpauschale * Sozialpauschale …
Daher müssen die BAföG-Ämter alle Bescheide neu berechnen, sofern der Bewilligungszeitraum Monate im Jahr 2022 umfasst und es durch Anrechnung von eigenem Einkommen der BAföG-Empfängerin bzw. des BAföG-Empfängers zu Kürzungen beim BAföG kam UND dir nicht etwa schon erhöhte Werbungskosten anerkannt wurden. Die Werbungskostenpauschale greift ausschließlich, wenn du keine oder geringere (unter 1.000 € Werbungskosten) nachgewiesen hast. Generell weisen die Wenigsten Werbungskosten beim BAföG-Amt nach, weil auch nur sehr wenige solch (relevant) hohe Beträge geltend machen können.
Bei einem BAföG-BWZ von Oktober 2021 bis September 2022 liegen 9 Monate in 2022, insgesamt könnte es also 118,08 € zurückgeben (der Fall, dass jemand nur so knapp über dem „Freibetrag“ von 450 € verdient hat, dass die Erhöhung der Werbungskosten genau ausreicht, dürfte so gut wie nicht vorkommen). Das ist auch die Gesamtsumme, die dir durch die Erhöhung der Werbungskostenpauschale insgesamt mehr an BAföG zustehen würde, wenn dir bisher mindestens so viel im gesamten Bewilligungszeitraum wegen eigenem Einkommen abgezogen wurde.
Hoffst du auf eine Nachzahlung? Dann achte in den nächsten Monaten darauf, ob dir das BAföG-Amt einen neuen Bescheid schickt. Falls das bis kurz vor Ende des Bewilligungszeitraums noch nicht der Fall sein sollte, melde dich am besten schriftlich bei deinem Amt. Was du allerdings nicht machen solltest: Schon gleich im Mai 2022 oder selbst im Juni das BAföG-Amt mit Fragen dazu zu bombardieren – da wirst du eher Unmut hervorrufen. Etwas Geduld ist ratsam 😇.
Wenn du einen Bewilligungszeitraum bis Februar oder März 2022 hattest, in dem es zu Abzügen auf Grund von Einkommen deinerseits kam, hast du auch Anspruch auf eine Rückzahlung, bei BWZ bis einschließlich März immerhin fast 40 €. Die wirst du aber möglicherweise beantragen müssen. Auch hierfür gilt: Noch etwas Geduld! Auch wenn das Gesetz am 12. Mai beschlossen wurde, werden die BAföG-Ämter vor Juni 2022 nichts dazu tun können, da der Gesetzesbeschluss im Bundestag, sowie dessen endgültige Verkündung und Verbreitung in jedes Amt einige Wochen in Anspruch nehmen kann.
4. Wie sieht es ab Wintersemester 2022/23 aus?
Mit dem 27. BAföG-Änderungsgesetz, das zum 1. August 2022 in Kraft treten soll und noch vom Bundestag verabschiedet werden muss, was wohl im Juni oder allerspätestens Juli geschehen wird, erhöhen sich alle Freibeträge. Beginnt dein Bewilligungszeitraum (beispielsweise als Schüler:in) im August 2022, so profitierst du bereits von Anfang an. Alle, deren Bewilligungszeitraum im August oder September endet, für die gelten die neuen Beträge erst im Folge-Bewilligungszeitraum. Ansonsten gilt, dass die neuen gesetzlichen Regelungen bei bereits vor August begonnenen Bewilligungszeiträumen erst ab Oktober 2022 in Kraft treten.
Die neue rechtliche Grundlage sieht auch künftig vor, dass die Ausübung eines Minijobs ohne Abzüge vom BAföG möglich sein soll. So soll der Mindestlohn ab Oktober auf 12 € erhöht werden und zeitgleich die Minijobgrenze so angepasst werden, dass 10 Wochenstunden Arbeit möglich sind. Der BAföG Einkommens-Freibetrag wird deswegen so angepasst, dass 520 € / Monat ohne Abzüge verdient werden können.
10*12 € Mindestlohn = 120 €/Woche; der Monatslohn ergibt sich als 4⅓-faches davon = 520 € Minijobgrenze
(ändert sich künftig der Mindestlohn, passt sich die Minijobgrenze automatisch an – beim BAföG muss aber der Gesetzgeber ran!)
Beim BAföG spielen – wie ja schon weiter oben erläutert – Werbungskosten (im Normalfall die Werbungskostenpauschale), Sozialpauschale und der eigentliche Einkommens-Freibetrag zusammen. Im aktuellen Entwurf des 27. BAföG-Änderungsgesetz ist die erhöhte Werbungskostenpauschale schon berücksichtigt – der eigentliche Freibetrag im BAföG-Gesetz wurde daran angepasst. Das Ergebnis ist folglich für einen normalen BWZ wie folgt (520 € * 12 Monate = 6.240 €):
5. Wie werden die Werbungskosten der Eltern oder der Ehepartnerin / des Ehepartners berücksichtigt?
Bei den Eltern oder dem Ehegatten / der Ehegattin brauchst du dir als BAföG-Empfänger:in wenige Gedanken um die Werbungskosten zu machen. Das BAföG-Amt übernimmt hier die Angaben aus der Steuererklärung. Die sollten Eltern etc. deshalb auch besser immer abgeben. Wenn die Eltern allerdings wenig Einkünfte oder nur solche aus Sozialleistungen haben, ist eine Steuererklärung wahrscheinlich wirklich nicht sinnvoll. Allerdings dürften dann auch Werbungskosten am Ende keine Rolle für dein BAföG spielen: Wenn die Eltern bzw. das jeweilige (getrennt lebende oder geschiedene) Elternteil sowieso schon weniger Einkommen haben, als dass es dadurch Abzüge bei deinem BAföG gibt – dann ist die genaue Höhe der Werbungskosten egal.
Übrigens: Auch bei einem Aktualisierungsantrag werden die Werbungskosten der Person, auf die sich die Aktualisierung bezieht, mittels der Steuerbescheide ermittelt. Bis diese vorliegen, arbeitet das BAföG-Amt mit einer Schätzung des aktuellen Einkommens und wird da die Werbungskosten eher niedrig ansetzen, um spätere Rückzahlung von dir zu vermeiden. Endgültig „abgerechnet“ wird das BAföG bei Genehmigung des Aktualisierungsantrages erst nach Vorliegen der Steuerbescheide.