ALG II des Partners und Wohngeld
Der Einfluss des BAföGs auf andere Sozialleistungen
Studierende, die in einer Bedarfsgemeinschaft mit Hartz-IV-Empfängern zusammenleben, müssen ihr Einkommen (einschl. BAföG) grundsätzlich auch für deren Lebensunterhalt einsetzen. Dabei bleiben 20% des BAföG-Bedarfs als zweckbestimmte Einnahme anrechnungsfrei. Wohngeld gibt es in Bedarfsgemeinschaften mit Studierenden nur in besonderen Fällen.
Artikel nicht aktuell!
Die Änderungen der 25. BAföG-Novelle (u.a. höhere Bedarfssätze), aber auch beim SGB II (ALG II etc.) zum 1. August 2016 konnten bisher nicht berücksichtigt werden. Alle Beispiele sind also aktuell nicht mehr korrekt.
Inhalt
Sozialleistungen für Studierende und ihre festen Partner/innen in fünf Fallkonstellationen
In allen Konstellationen handelt es sich um nicht verheiratete Paare. In Fall 2 hat das Paar ein gemeinsames Kind. Für verheiratete Paare gilt im Wesentlichen das Gleiche. Abweichungen gibt es lediglich beim BAföG, wo zusätzliche Freibeträge für Ehepartner und Kinder vorgesehen sind.
Fall 1: Anna (BAföG + Einkommen) und Robert (ALG II)
Fall 2: Anja (ALG II), Stefan (BAföG + Einkommen) und Sohn Philipp (Sozialgeld)
Fall 3: Klara (ALG II) und Georg (Student ohne Grundanspruch auf BAföG, Einkommen)
Fall 4: Svenja (BAföG) und Torsten (kein Student, Einkommen)
Fall 5: Silke (keine Studentin, Einkommen) und Felix (Student mit Grundanspruch auf BAföG, aber ohne Förderung, Unterhalt d. Eltern)
Zu den einzelnen Sozialleistungen könnt Ihr mehr erfahren in den Artikeln
ALG II, Sozialgeld und Sozialhilfe für Studierende und SchülerInnen,
Wohngeld für Studierende und zum BAföG in unseren
BAföG-FAQ-Artikeln.
Fall 1
Anna | Robert |
BAföG-Bedarf: 670 Euro Arbeitseinkommen: 500 Euro brutto BAföG-Förderbetrag: 593 Euro, weil ca. 77 Euro vom Arbeitseinkommen angerechnet werden (mehr dazu hier) | ALG II-Bedarf: Regelbedarfsstufe 2 und die Hälfte des Wohnbedarfs, weil er mit seiner Freundin Anna zusammenlebt |
Gemeinsamer Wohnbedarf: 440 Euro |
Wird Annas Einkommen (BAföG+Arbeitseinkommen) auf den ALG-II-Bedarf von Robert angerechnet?
Ja, in Höhe von 123,25 Euro.
Da Anna und Robert als nichteheliches Paar in einer Bedarfsgemeinschaft zusammenleben, muss Anna ihr Einkommen grundsätzlich auch für den Lebensunterhalt von Robert einsetzen. Um die Höhe des anzurechnenden Betrages zu ermitteln, wird Annas fiktiver ALG-II-Bedarf ihrem Einkommen gegenübergestellt. Ergibt sich ein Einkommensüberschuss, so kürzt dieser den ALG-II-Anspruch von Robert. Vorab wird das Einkommen allerdings bereinigt.
Ein Hinweis vorab: Laufende Einnahmen - auch aus kurzfristigen Arbeitsverhältnissen - werden jeweils in dem Monat berücksichtigt, in dem sie auf dem Konto eingehen! Einmalige Zahlungen dagegen (z. B. Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Steuererstattungen o. ä.) werden auf einen angemessenen Zeitraum verteilt und in Teilbeträgen angerechnet. Die Anrechnung beginnt in der Regel im Monat nach Erhalt der Zahlung.
a) Bereinigung des BAföG-Förderbetrages
Grundsätzlich sollen nur solche Sozialleistungen als Einkommen auf den Hartz-IV-Bedarf angerechnet werden, die - wie die Hartz-IV-Leistung - der Sicherung des Lebensunterhalts dienen. Für die Anrechnung von BAföG bedeutet das: nicht nur der Kranken- und Pflegeversicherungszuschlag wird als sog. zweckbestimmte Einnahme von der Anrechnung freigestellt, sondern auch der Anteil, der zur Finanzierung der Ausbildung gedacht ist.
Der Zuschlag zur Kranken-und Pflegeversicherung beläuft sich auf
73 Euro (62 + 11 Euro).
Der Ausbildungsanteil wird pauschal mit 20% des jeweiligen BAföG-Bedarfs (ohne Kranken- und Pflegeversicherungszuschlag) angesetzt. Wie viel BAföG der Studierende tatsächlich erhält, ist nicht relevant. Anna hat einen BAföG-Bedarf von 670 Euro. Abzüglich Kranken- und Pflegeversicherungszuschlag verbleiben 597 Euro. 20% davon werden freigestellt, also
119,40 Euro.
Hinweis: Unsere Aussagen ergeben sich aus den Fachlichen Hinweisen der Arbeitsagentur zu § 11 SGB II (Rz. 11.93 und 11.94). Werden für Fahrtkosten und Ausbildungsmaterial insgesamt höhere Kosten nachgewiesen, können die Kosten, welche die Pauschale übersteigen, zusätzlich geltend gemacht werden.
Anna erhält 593 Euro BAföG. Abzüglich 73 Euro für die Versicherung und 119,40 Euro Ausbildungsanteil verbleiben
400,60 Euro als potenziell anzurechnendes Einkommen. Hinweis: Eigentlich müssen die tatsächlich gezahlten Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung abgezogen werden. Da die Pflegeversicherung aber noch vom Alter abhängt (bzw. davon, ob Kinder vorhanden sind), haben wir der Einfachheit halber mit der BAföG-Pauschale gerechnet, die grob hinkommt.
b) Bereinigung des Arbeitseinkommens
Anna verdient 500 Euro brutto. Dieser Betrag reduziert sich um einige Abzüge:
- Rentenversicherung (49,75 Euro),
- Grundfreibetrag nach dem Sozialgesetzbuch II für Erwerbseinkommen (100 Euro - der Betrag enthält u. a. die Werbungskosten),
- 20% Erwerbstätigenfreibetrag vom verbleibenden Brutto-Einkommen iHv 400 Euro (80 Euro).
Es verbleiben
270,25 Euro.
c) Zwischenergebnis
Annas Einkommen wird insgesamt in Höhe von
670,85 Euro (400,60 Euro + 270,25 Euro) berücksichtigt.
d) Ermittlung des fiktiven ALG-II-Bedarfs des Studierenden
Da Anna mit Robert zusammenlebt, gibt es Regelbedarfsstufe 2 und der Hälfte des Wohnbedarfs angesetzt. Seit dem 1.1.2012 beträgt die Regelbedarfsstufe 2 337 Euro. Annas Wohnanteil liegt bei 220 Euro, sodass sich ein fiktiver ALG-II-Bedarf von
557,00 Euro ergibt. Fiktiv ist der Bedarf deshalb, weil Anna als Studierende vom ALG II ausgeschlossen ist. Ihr Bedarf wird nur ermittelt, um herauszufinden, in welchem Umfang ihr Einkommen angerechnet wird.
e) Berechnung des anzurechnenden Einkommens
Annas fiktivem ALG-II-Bedarf von 557,00 Euro steht ein Einkommen von 670,85 Euro gegenüber. Der Differenzbetrag, nämlich
113,85 Euro, wird bei Robert auf den ALG-II-Bedarf angerechnet.
Haben Anna und Robert dem Grunde nach einen Anspruch auf Wohngeld?
Ja. Denn sie beziehen weder beide BAföG, Berufsaubildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld noch leben sie beide von ALG II bzw Sozialgeld.
Das Ergebnis überrascht insofern, als Anna und Robert keine Chance auf Wohngeld hätten, wenn sie jeweils alleine leben würden. Allein der Umstand, dass sie einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Wohngeldrechts bilden, macht einen Antrag möglich.
Immer wieder haben wir mit Studierenden und unter Fachkollegen darüber diskutiert, ob dieses Ergebnis vom Gesetzgeber gewollt ist. Die Gesetzesbegründung liefert für beide Meinungen Argumente, hilft also nicht wirklich weiter. Eine Antwort vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat nun (16.8.2010) endlich Klarheit gebracht. Der Anspruch besteht tatsächlich.
Bei der Berechnung des Wohngeldes wird nur Anna als Haushaltsmitglied berücksichtigt. Robert ist als ALG-II-Empfänger vom Wohngeld ausgeschlossen. Grundlage der Wohngeldberechnung ist also nur die Hälfte der Miete (nach oben begrenzt durch die Hälfte der maximal zu berücksichtigenden Miete) sowie die Hälfte des Betrages für die Heizkosten für zwei zu berücksichtigende Haushaltsmitglieder. Bei der Ermittlung des Jahreseinkommens von Anna ist zu beachten, dass nicht nur ihr Erwerbseinkommen, sondern auch ein Viertel ihrer BAföG-Förderung (die Hälfte des als Zuschuss geleisteten Betrages) beim Wohngeld als Einkommen zählt.
Siehe auch den Artikel zum
Wohngeld für Studierende).
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