Ländle grenzt aus
Deutlich weniger internationale Studienanfänger in Baden-Württemberg
Die Hochschulen im Südwesten verzeichnen 21,6 Prozent weniger Neueinschreibungen durch Nicht-EU-Ausländer. Schuld ist die Campusmaut für Menschen von außerhalb der Europäischen Union. Die Regierung verkauft den Schwund als Erfolg und empfiehlt ihre Reform zur Nachahmung. Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen steht schon in den Startlöchern.
Studis Online
Die Studiengebühren für Nicht-EU-Bildungsausländer in Baden-Württemberg haben Folgen …
Man stelle sich vor, Baden-Württembergs Autoindustrie würde plötzlich um ein Fünftel einbrechen oder das Land büßte mit einem Mal 20 Prozent seiner Steuereinnahmen ein. Oder der Grünen-Partei im Südwesten liefen über Nacht 20 Prozent ihrer Wähler davon. Was wäre das für eine Aufregung im Ländle. Und dann gibt es Ereignisse, um die nicht so viel Wind gemacht wird: Nach einer aktuellen Erhebung haben sich zum laufenden Wintersemester 21,6 Prozent weniger Studierende aus Staaten von außerhalb der Europäischen Union (EU) an den baden-württembergischen Hochschulen neu eingeschrieben als im Vorjahr. Das ist ohne Frage ein ziemlich massiver Einbruch und Kritiker warnen deshalb vor einem Verlust an Weltoffenheit, wissenschaftlichem und kulturellem Austausch.
Theresia Bauer, grüne Wissenschaftsministerin, sieht die Dinge anders. Für sie sind 21,6 Prozent ein „moderater Rückgang“, der in dem Umfang liege, „wie wir ihn erwartet haben“. Gesagt hat sie das am Dienstag vor Pressevertretern in Stuttgart. An ihrer Seite saß dabei der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der ebenfalls manches Bonmot zum Thema beisteuerte, wovon dieses hier herausstach: „Die Attraktivität Baden-Württembergs als Studienziel ist ungebrochen: Junge Menschen aus der ganzen Welt kommen gerne zu uns und nutzen die hervorragenden Studienbedingungen und die Qualität an unseren Hochschulen.“
Kommentar: Hört auf zu heucheln!
Jetzt stelle man sich vor, die Grünen wären nicht in der Regierung und nicht verantwortlich dafür, dass sogenannte Nicht-EU-Ausländer seit Beginn des Wintersemesters 2017/18 jährlich 3.000 Euro Studiengebühren entrichten müssen. Würden sie sich dann immer noch hinstellen und angesichts von haufenweise abgewanderten Studierenden tönen, wie „ungebrochen attraktiv“ doch die Hochschulen sind? Man kann sicher sein: Nein – in der Opposition würden sie sich stattdessen hinstellen und auf die Regierung schimpfen und klagen, welch immensen Schaden sie dem Land zufüge und dass Baden-Württemberg seiner Weltoffenheit verlustig ginge und dass man mit dieser Art von Politik der AfD in die Karten spiele und so weiter und so fort. Und man darf sich noch einer Sache sicher sein: Es ist auch und genau diese Doppelbödigkeit und Doppelzüngigkeit der politischen Amtsträger und Parteien, die dafür sorgt, dass sich Menschen in Scharen von der Politik abwenden, nicht mehr zur Wahl gehen oder den Rattenfängern auf der Rechten in die Fänge gehen.
Man muss den Grünen gar nicht unterstellen, dass sie mit der Einführung einer Campusmaus für Ausländer rassistische Ressentiments bedienen wollten. Ausgangspunkt für die Entscheidung waren
„Sparvorgaben“ zur Erfüllung der sogenannten Schuldenbremse. Diese haben Bund und Länder unter dem Vorwand in ihre Verfassung geschrieben, einer vermeintlich exzessiven staatlichen Ausgabenpolitik Schranken zu setzen. „Nebenwirkung“ des Konstrukts ist aktuell aber, dass dringend notwendige Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, auch und vor allem im Bildungsbereich, nicht getätigt werden können. Weil Ministerin Bauer den ohnedies chronisch unterfinanzierten Hochschulen nicht noch mehr Mittel wegnehmen wollte, kam sie auf die Idee, die für 2017 auferlegten Kürzungsvorgaben von knapp 50 Millionen Euro durch Mehreinnahmen zu kompensieren.
Schwache zur Kasse
Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer, verbunden mit solchen für ein Zweitstudium in Höhe von 650 Euro pro Semester, boten sich an, weil die betroffenen Gruppen vergleichsweise klein sind und sich nicht oder kaum zur Wehr setzen können. Um auf Nummer sicher zu gehen, versah man das Gebührengesetz mit ein paar sozialverträglichen Maßnahmen – also mit Härtefallregeln, Stipendien für finanzschwache Bewerber und der Möglichkeit der Hochschulen, fünf Prozent der Studierenden von der Bezahlpflicht auszunehmen. Außerdem sollen die Hochschulen 300 Euro (20 Prozent der 1.500 Euro Semesterbeitrag) für sich behalten dürfen und die Mittel einer besseren Betreuung der internationalen Studierenden zugutekommen lassen. Die Botschaft an Betroffene und Bürger ging so: Wir meinen es nur gut und für das Geld gibt es auch etwas zurück. Und bestimmt unternahm die Regierung all das in der Hoffnung, dass die Zahl derer, die dem Land den Rücken kehren oder ihm fern bleiben werden, überschaubar bleibt.
Das Kalkül ist nicht aufgegangen. In absoluten Zahlen haben sich nach vorläufigen Ergebnissen 5.155 Nicht-EU-Ausländer neu immatrikuliert. Das waren über 1.110 weniger als im Vorjahr. Kaum Veränderungen gab es an den Kunst- und Musikhochschulen mit ihrem traditionell sehr hohen Ausländeranteil (minus 3,2 Prozent). Die Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften (inklusive Duale Hochschule Baden-Württemberg) verzeichnen einen Rückgang von 23,1 Prozent bzw. 21,4 Prozent. Gegen den Trend verbuchen die Pädagogischen Hochschulen sogar einen Zuwachs um sieben Prozent.
Schwund vielleicht noch stärker?
Aussagekräftiger wäre freilich die Gesamtzahl der Nicht-EU-Ausländer. In der Zeitreihe betrachtet ließe sich dadurch ermessen, ob und wie viele Betroffene die Hochschulen im Gefolge des Gebührenbeschlusses verlassen haben. Nach Angaben des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) studierten im Vorjahr 24.000 Menschen von außerhalb der EU in Baden-Württemberg, davon stammte der größte Teil aus China, Indien, Russland und der Türkei. Neue landesübergreifende Zahlen dazu werden erst Anfang des kommenden Jahres vorgelegt. Es ist damit zu rechnen, dass der Schwund am Ende stärker ausfällt, als das Zahlenwerk der Ministerin offenbart. Fraglos wird es Fälle geben, die ihr Studium aus finanziellen Gründen aufgegeben oder den Studienort gewechselt haben.
Laut einer Mitteilung des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren (ABS) müsse von einem „weitaus höheren Rückgang ausgegangen werden“. Zum Beleg verweist der Verband auf Zahlen des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT): Dort schrieben sich 753 internationale Studierende ein, während es im Vorjahr noch 1098 waren. Das entspricht einem Minus von über 30 Prozent. Allerdings lässt sich das nicht verallgemeinern. An der Universität Hohenheim mit seinem hohen Anteil an entwicklungspolitischen Studiengängen sanken die Anmeldezahlen lediglich von 165 auf 153.
Alles im grünen Bereich?
Unabhängig davon, wie die Lage wirklich ist und wie sie eine künftige Auswertung abbilden wird – eine schlechte Nachricht ist das 21,6-Prozent-Defizit allemal. Redlich und ein Beitrag zur Glaubwürdigkeit von Politik wäre es, dies auch so kenntlich zu machen und, noch besser, mögliche Fehler einzuräumen. Wie es nicht geht, demonstrierten am Dienstag Bauer und Kretschmann. Der Regierungschef nannte den Gebührenbeschluss eine „mutige Entscheidung“ und eine „wichtige Weichenstellung“ für die Zukunft. Damit stärke man die Internationalisierung, „indem ein optimales Betreuungs- und Lehrangebot“ geschaffen werde. Auch für seine Wissenschaftsministerin ist alles im grünen Bereich: Die Zahl der internationalen Studierenden steige seit vielen Jahren so massiv, „dass auch der neue Wert noch über dem Niveau des Wintersemesters 2011/12 liegt“, erklärte Bauer. Zudem zeigten Erfahrungen aus anderen Staaten, dass der „Nachfragerückgang zunächst rund 20 Prozent beträgt und nach drei bis vier Jahren wieder ausgeglichen sein wird“.
Zur Krönung des Ganzen verkündete Bauer schließlich noch das: Die „guten Werte“ seien „umso bemerkenswerter“, als die staatlichen Hochschulen in Baden-Württemberg derzeit noch die einzigen bundesweit seien, „an denen solche Gebühren erhoben werden“. Dabei schwingt mit: Wenn anderorts und vielleicht ja schon bald überall Gebühren fällig werden, studieren die Internationalen gleich wieder viel lieber im Ländle. Tatsächlich schickt sich gerade die neue CDU-FDP-Regierung in Nordrhein-Westfalen (NRW) an, denselben Weg zu gehen und sich, wie die Ministerin mit hörbarem Stolz äußerte, am „Baden-Württemberg-Modell“ zu orientieren. Zum Mitschreiben: Die Grünen freuen sich, wenn Schwarz-Gelb – im Bund wegen seiner harten neoliberalen Gangart gerade als „Jamaika-Verhinderer“ an den Pranger gestellt – auf Landesebene eine neoliberale Hochschulreform grüner Machart abkupfert.
Maximale Beliebigkeit
Solche Widersprüche hält man aus, solange man die Macht innehat – was freilich für alle Parteien gilt. Geht die Macht irgendwann wieder flöten, findet man schnell wieder zu „alten Grundsätzen“ zurück. Oder man setzt gleich auf maximale Beliebigkeit, wie zum Beispiel Nico Weinmann, FDP-Abgeordneter im Stuttgarter Landtag. In der Presse geißelte er die Gebühren als
„grüne Absonderlichkeit“, sie bedeuteten einen hohen Verwaltungsaufwand und weniger Einnahmen, als sich Bauer davon versprochen habe. Aber seine Parteifreunde in Düsseldorf sind gerade drauf und dran, die „grüne Absonderlichkeit“ zu kopieren. Wobei die zuständige Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) angekündigt hat, zunächst die Entwicklung in Baden-Württemberg
genau zu analysieren. Man darf gespannt sein, welche Lehren sie daraus zieht.
Aufschlussreich ist auch, dass die Bundestagfraktion der Grünen sich einst klar gegen Bauers Gebührenmodell positioniert hatte. In einer
Stellungnahme des hochschulpolitischen Sprechers Kai Gehring las sich das einmal so: „Internationale Studierende bereichern unser Land und sorgen für hochqualifizierte Einwanderung: ob als künftige Fachkräfte hierzulande oder als Freunde und Botschafter Deutschlands in der Welt.“ Allerdings liegen derlei Wortmeldungen lange zurück, nach der parlamentarischen Beschlussfassung im Mai dieses Jahres war davon nichts mehr zu hören. Bundes- und Landespolitik sind schließlich zwei Paar Schuhe …
Parteinachwuchs probt Aufstand
Immerhin: Der Parteinachwuchs will sich nicht mit den Zuständen abfinden. Zum anstehenden Landesparteitag am Wochenende in Heidenheim bringt die Grüne Jugend (GJ) einen Antrag ein, der auf Rücknahme der Gebühren für Nicht-EU-Ausländer sowie für das Zweitstudium dringt. „Wir hoffen sehr, dass sich die Delegierten für ein weltoffenes Baden-Württemberg aussprechen“,
bekundete GJ-Landeschef Marcel Roth gegenüber der Badischen Zeitung. „Es ist absurd, wenn die Landesregierung in Zeiten sprudelnder Steuerquellen die Sparaxt an einen zentralen Punkt der Internationalisierung anlegt“, merkte auch Co-Landeschefin Lena Schwelling an.
Glücklich sind offenbar auch nicht alle Uni-Rektoren. „Weniger Bewerbungen bedeuten weniger Auswahlmöglichkeiten für die Hochschulen und damit durchaus einen Qualitätsverlust“, gab schon vor einem Monat der Chef der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg zu
bedenken. Für Studierende aus Tansania oder Indien sei es „schon entscheidend, wofür das Geld, das bisschen Geld, was man zur Verfügung hat, aufgewendet wird“. Wenn anderorts, etwa in Bayern oder Rheinland-Pfalz, keine Gebühren erhoben würden, dann könne das die Entscheidung, wo man studiert, durchaus mit beeinflussen.
„Der falsche Weg“
Auch die 58 Studentenwerke in Deutschland haben Baden-Württemberg und NRW zum
Verzicht auf Gebühren für internationale Studierende aufgefordert. Bei der Mitgliederversammlung des Deutschen Studentenwerks (DSW) betonte am Mittwoch Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde: „Studiengebühren sind der falsche Weg zu einer auskömmlichen Hochschulfinanzierung. Das ist die Verantwortung des Staates, nicht der Studierenden – ob sie nun aus Deutschland kommen, einem EU-Land oder von außerhalb der EU.“
(rw)
Kommentare zu diesem Artikel
1. MirandaFrost kommentierte am 07.12.2017 um 17:56:40 Uhr
Eingeführte Gebühren sind noch viel zu gering!
nur die ersten beiden Absätze wegen der bekannt linkslastigen Tendenzen gelesen.
Finde den Ansatz BaWüs Ausländer zur Kasse zu bitten nur folgerichtig. Die Kosten sind noch viel zu gering angesetzt, wenn ihr mich fragt. Deutsche werden schließlich auch in diversen Ländern als Ausländer zur Kasse gebeten. Wo soll das hinführen, unsere Leute zahlen für ihr Medizinstudium oder als sonstige NC-Flüchtlinge Unkosten in Rumänien und die Chinesen und Inder werden auf Kosten des deutschen Steuerzahlers durch den Bachelor und Master geleitet, um anschließend Wissen eines Industrielandes in ihr Schwellenland zu tragen oder hier unsere Gehälter zu drücken.
Meine Meinung u. die des übergangenen Großteils der Bevölkerung: Grenzen dicht. Sowohl für reiche Wirtschaftsmigranten aus Drittländern als auch für die Studierendenschaft aus China und Indien. Rund um den Campus der Uni Essen fühlt man sich aktuell schon wie in Chinatown.
2. Oli (Studis Online) kommentierte am 07.12.2017 um 18:19:36 Uhr
Noch nie darüber nachgedacht …
… dass Wissensaustausch allen Beteiligten was bringt? Davon abgesehen kann man auch hoffen, dass die ins Ausland zurückkehrenden ihre gewonnenen Kontakte zu Deutschland aufrechterhalten, was auch uns Vorteile bringen kann. Sogar finanzielle.
Und dann finde ich es auch richtig, dass nicht nur ausländische Studis reicher Eltern (denn bei Studiengebühren wird das tendenziell so sein) hierherkommen können.
3. MirandaFrost kommentierte am 07.12.2017 um 22:17:55 Uhr
gleiche Rechte für alle!
nun gut, hier herkommen kann bekanntermaßen ja jeder, unabhängig ob arm oder reich. Die armen wandern in die Sozialsysteme, die reichen in die Hochschulsysteme. So der aktuelle Trendspiegel. Folglich: egal wer kommt, der Fokus liegt auf dem eigenen Profit auf Kosten des deutschen Steuerzahlers. Der deutsche Michel kann dabei seine eigenen Kinder dank höchster Steuerlast selbst nicht mehr gebührend ausbilden lassen kann. Auch ist unser Bafög nicht einmal ansatzweise hoch genug, um den eigenen Leuten eine adäquate Bildung zu ermöglichen... Und ja, wir haben selbst noch en masse Arbeiterkinder u. Migranten der dritten oder vierten Generation, die den Aufstieg niemals geschafft haben. Für diese Leute und alle sonstigen Einheimischen, eben jene, deren Eltern einzahlten, sind unsere kostenlosen Studienplätze gedacht und für keinen sonst.
Ein Studium selbst zu finanzieren ist ohne deutsche Sprachkenntnisse zudem ohnehin nicht möglich. Die Chinesen bspw. studieren meist irgendwelche IT oder Technik-Master auf Englisch, haben wenige bis keine Deutschkenntnisse und werden von den Eltern von A bis Z bezuschusst. Auch für Deutsche ist das alleinige Finanzieren längst unmöglich. Gerade in BaWü haben wir akuten Wohnungsmangel u. horrende Mietsteigerungen. Wir brauchen auch in Anbetracht dessen keinen Zuzug mehr.
Was mich an der Thematik auch ganz besonders nervt: viele Länder verteilen reihenweise 1,0 Abschlüsse, die dem Abitur nicht gleichwertig sind, aber ohne große Komplikationen als gleichwertig anerkannt werden. Es werden Einheimischen aufgrund einer Nichtvergleichbarkeit der Bildungsabschlüsse u. einer Besserstellung schlechterer Drittlandabschlüsse zu allem Überfluss also auch noch Studienplätze weggenommen. Ich kenne bspw. nur Bulgaren mit 1,0, auch Albanien entsendet aktuell viele 1,0er. Eine wohnt gerade nebenan. Studienziel: Sprachkurs und dann Medizin. Wie grotesk das Ganze ist, merkt man, wenn man bedenkt, dass unsere NC-Flüchtlinge sich für horrende Summen in Ungarn, Rumänien oder Bulgarien zu Medizinern ausbilden lassen. 1,0 bekommt man je nach Schulform nicht mal eben so. Gerade über den zweiten Bildungsweg sind derartige Noten kaum erreichbar.
Ich fordere folglich im Gegenzug: für jeden Ausländer (nicht nur EU-Ausland, auch Bulgarien, Rumänien) der bei uns studieren darf, die Gebühren- und NC-freiheit für einen Deutschen an einer jeweiligen Partnerhochschule über die gesamte Studiendauer hinweg. Auch verbiete ich mir währenddessen jegliche Form der Diskriminierung als Baizuo (weißer Gutmensch), Schweinfresser, Kartoffel oder dergleichen.
Mal sehen, wie willkommen wir im Gegenzug sind.
4. StudiInKa kommentierte am 08.12.2017 um 02:22:52 Uhr
Hat den Zweck zu dem es beschlossen wurde erfüllt
Der Rückgang war wohl allen bewusst, wenn nicht sogar bezweckt. Und das kann ich in Teilen auch gutheißen. Internationalität und Pluralität ist vor vor allem an Hochschulen wichtig, jedoch wurde das ad absurdum geführt.
An meiner Uni sticht hier eine Nation besonders hervor: China.
Insbesondere in den technischen Studiengängen wird das mehr als deutlich. Von manchen Studierenden ist zu hören, dass Fächer explizit gemieden werden aufgrund des hohen Anteils an Chinesen und der damit stark überfüllten Vorlesungen ("Fahrzeugtechnik", oder alles das "Fahrzeug" im Titel hat). Auch wenn man mit Besagten ein Laborpraktikum hat, kann man ganz schön alt aussehen. Die Deutschkenntnisse sind schlecht und auch Englisch wird nicht wirklich sicher beherrscht (stellt sich die Frage, wie manche überhaupt zugelassen wurden). Viel Spaß beim gemeinsamen einsamen Protokoll Schreiben.
Auch wenn man mit Lehrenden spricht macht sich Resignation breit. Mündliche Prüfungen sind mühsam, eine fachliche Diskussion wie beabsichtigt findet oft nicht statt. Aufgrund des Andranges werden Prüfungen mittlerweile zum Großteil schriftlich abgehalten. Das stellt dann für jeden einen Nachteil dar. In der Prüfungsordnung im Master heißt es sinngemäß "Prüfungen finden mündlich statt, es sei denn, der Prüfungsaufwand ist nicht vertretbar".
Und die "internationale Erfahrung" versuchen die Kollegen auch auf ein Minimum zu beschränken. Bei etwas über 1900 Chinesen (offizielle Statistik) bietet sich auch gut die Möglichkeit. (Zum Vergleich: knapp über 18000 Deutsche, gefolgt von 370 Türken und 349 Tunesiern letztes Semester).
Auch das sonstige Verhalten einiger wirkt doch zumindest befremdlich. Jede auch noch so unnötige Folie wird abfotografiert und bei schriflichen Prüfungen scheinen viele den Instruktionen nicht Folge leisten zu wollen ("erst anfangen wenn alle eine Prüfung haben", "Aufhören wenn Zeit abgelaufen", "keine Handys"). Von dem der in Europa studieren will erwarte ich einfach, dass man sich kollegial verhält und ein Stück weit anpasst.
Das alles hat auch zu einem Ungleichgewicht im Studiengang geführt. Häufig starten die erst beim Master. Mittlerweile sind dadurch mehr Studenten im Master als im Bachelor - über alle Semester aufsummiert, und das, obwohl der Master 2 Semester kürzer ist.
Einen NC will man nicht einführen, da dann ironischerweise hauptsächlich der eigene Nachwuchs ausgeschlossen wird (allgemein hohe Anforderungen und damit schlechterer Schnitt).
Schade ist natürlich, dass andere Nationen unter diesem Gebaren leiden. Vielleicht behilft man sich damit, die Möglichkeit einen geringen Prozentsatz unter diesen zu befreien zu nutzen. Auch verhindert das nicht, dass somit hauptsächlich besser betuchte hier studieren, unabhängig von deren Nationalität.
Für mich überwiegen allerdings die Gegenargumente, auch aus meiner eigenen Erfahrung heraus. Ich halte es für inakzeptabel, dass die Lehre doch stark darunter leidet. Irgendwie zahlt man indirekt später ja doch für die Uni, nur nennt sich das dann halt Steuern. Der Rest fliegt dann wieder gen Osten und freut sich hier günstig studiert zu haben.
5. Oli (Studis Online) kommentierte am 08.12.2017 um 09:57:17 Uhr
Da wird einiger Frust zusammen gemischt …
@MirandaFrost + StudiInKa
Ihr mischt in Euren Beiträgen Dinge zusammen, die gar nichts oder nur wenig miteinander zu tun haben.
Ja, BAföG sollte höher sein, Wohnungen zahlreicher und günstiger. Das erfordert den politischen Willen, dafür Geld bereitzustellen. „Einfacher“ ist es natürlich, ein paar Ausländer mit Gebühren zu belegen, um den „deutschen Michel“ zu beruhigen. Dabei hat sich an den tatsächlich bestehenden Problemen für Studis damit so gut wie nichts gelöst.
Dass anderswo 1,0-Abis reihenweise verschenkt werden, halte ich für ein Gerücht, dass sich aus Einzelfällen speist. Und dass Du, Miranda, eine kennst, ist nun gar kein Beweis. Im Gegenteil: Da trotz Studiengebührenfreiheit schon die Lebenshaltungskosten in Deutschland für Menschen aus Bulgarien oder Rumänien kein Pappenstiel sind, dürfte vor allem sehr guten AbiturientInnen nach D kommen, da die am ehesten noch ein Stipendium erhalten. Und davon ganz abgesehen: Bei NC-belegten Fächern gibt es eine feste, geringe Zahl von Studienplätzen für BildungsausländerInnen. Auf den NC für Deutsche und Bildungsinländer hat das keine Auswirkung.
NC heißt zunächst einmal nur eine Beschränkung der Zahl an Studienplätzen. Man kann die Gesamtzahl so hoch ansetzen, dass sie für die Zahl der Bewerber aus Deutschland und der EU klar ausreicht. Für ausländische Studienbewerber gibt es dann meist eine Quote von 5% der Studienplätze. „Einen NC will man nicht einführen, da dann ironischerweise hauptsächlich der eigene Nachwuchs ausgeschlossen wird (allgemein hohe Anforderungen und damit schlechterer Schnitt)“ ist also Quatsch – das würde nur für eine Regelung gelten, dass die Mindestanforderung für den Master bspw. eine 2,0 im Bachelor wäre. Das ist aber kein NC!
Wenn sich Studierende unkooperativ verhalten, wie es von StudiInKa vielen ausländischen Studis vorgeworfen wird, ist das natürlich ein Problem. Möglicherweise braucht es da mehr adäquate Betreuung – kulturelle Unterschiede müssen erst einmal von ALLEN Beteiligten wahrgenommen werden. Und dann möglichst gemeinsam nach Lösungen gesucht werden. Mit den meisten dürften sich Lösungen finden lassen – beim Rest muss man dann auch geeignete Sanktionen einsetzen.
6. Till W. kommentierte am 08.12.2017 um 13:10:18 Uhr
Datengrundlage?
Dass es zu einem Rückgang der Anfängerzahlen kommen würde, war mit Blick auf Schweden etc. erwartbar. Auch die Größenordnung entspricht den dortigen Erfahrungen - und genau wie in Schweden ist anzunehmen, dass der Rückgang nicht dauerhaft so ausfällt. Das dazu.
Was ich nicht kapiere, ist der Absatz im hinteren Drittel, in dem über Spekulationen zu einem noch höheren Rückgang berichtet wird. Die bereits zum SoSe 2017 und früher eingeschriebenen internationalen Studierenden sind in ihren Studiengängen nicht gebührenpflichtig. Warum sollten diese abwandern? Und bei den neuen Einschreibungen sehe ich nicht, welche Fakten die Meldungen der Hochschulen noch einmal ins Negative drehen sollten.
7. Oli (Studis Online) kommentierte am 08.12.2017 um 15:02:51 Uhr
@Till W. / Datengrundlage
Du schreibst „Die bereits zum SoSe 2017 und früher eingeschriebenen internationalen Studierenden sind in ihren Studiengängen nicht gebührenpflichtig.“ – das kann ich dem Gesetz so nicht entnehmen. Insofern war ich (und der Autor des Artikels) davon ausgegangen, dass das Gesetz durchaus auch „ältere“ internationale Studis trifft.
8. deHavilland kommentierte am 08.12.2017 um 15:32:45 Uhr
Richtig so, aber:
Zunächst mal frage ich mich, wann das eigentlich progressiver Konsens wurde, dass es eine selbstverständliche Verpflichtung sei Daseinsfragen ausländischer Staatsbürger massiv zu finanzieren. Es ist wie mit der Flüchtlingsfrage: Länder wie Japan, die ca. 14 Syrer handverlesen haben, werden überhaupt nicht diskutiert - Schweden oder Deutschland, die Millionen von non-citizens in ihren Sozialsystemen haben, zerfleischen intern über die Abschiebung von Kriminellen. Nun also die Bildungspolitik.
Ich würde für einen kompletten Paradigmenwechsel plädieren und erstmal ALLES was einem nicht-Staatsbürger gewährt wird, als eine Grosszügigkeit betrachten und nicht als etwas das einfach jedem geschuldet wird. Dass man innerhalb dieser Betrachtungsweise dann auch tatsächlich grosszügig sein kann - meinetwegen. Also ein Kontingent Freiplätze, das nach Leistung oder Bedürftigkeit oder Entwicklungshilfe vergeben wird. Damit ist dann auch ganz klar dass dies ein Geschenk ist und kein Selbstbedienungsladen. Der Rest kann dann gestaffelt zahlen.
Dieser ganze quasireligiöse Kram a la "Wissensaustausch" kann gerne draussen bleiben. An den Unis wird auch extrem viel auf Halde gedacht und geschrieben. Der wirklich mehrwertige Austausch findet in ganz bestimmten Fächern statt, und meist auf einem Niveau das besagte Freiplatzkontingente locker in Anspruch nehmen kann, oder eben gleich in die USA geht. Unterbinden sollte man aber dringend das "Aufenthaltserlaubnis durch larifari Einschreibung" oder das Abgreifen von hochwertigen Ausbildungen die dann, nachdem nichtstudierte deutsche Zeitarbeiter einem das ganze haben finanzieren dürfen, sofort in Länder verlegt werden die einen bezahlen als wenn man 200.000USD in sein Medizinstudium gesteck hätte. Beides geht nur deshalb, weil manche Leute es für eine Selbstverständlichkeit halten, die Versorgung von Nicht-Staatsbürgern MASSENWEISE und ANSPRUCHSBASIERT zu betreiben.
Gerne höre ich mal SAUBERE ARGUMENTE, warum das so richtig sein soll und warum die allermeisten Länder da gar nicht dran denken - darunter auch die Länder mit den wirklichen Spitzenunis. Na? Und bitte vor dem Schreiben wirklich darüber nachdenken ob man da nicht bloss konfliktscheu der Realität nachgegeben hat weil es ja so gemütlich ist, oder ob man das ernsthaft als Prinzip vertreten will.
9. Oli (Studis Online) kommentierte am 12.12.2017 um 15:10:21 Uhr
Ausnahmen von der Studiengebührenpflicht …
Um die Diskussion zw. Till W. und mir zu einem Abschluss zu bringen: Ich hatte tatsächlich den neuen § 20 des Landeshochschulgebührengesetz übersehen, in dem geregelt ist, dass alle internationalen Studis (ebenso alle, die sonst von den Gebühren für ein Zweitstudium betroffen wären), die bereits im SoSe 2017 studiert haben, ihren Studiengang gebührenfrei zu Ende führen können.
Einen Haken gibt es dennoch: Wer im Bachelor war, der kann nicht auch noch den Master gebührenfrei machen – der zählt für das Gebührengesetz als neuer Studiengang …
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