Studienfinanzierung

Arbeiten, um zu studieren – Studieren, um zu arbeiten

Studieren ist nicht gleich studieren. Viele Studierende müssen arbeiten, um Studium und Lebensunterhalt zu finanzieren: 30 Prozent länger als 16 Stunden pro Woche, da kann das Studium nur zu kurz kommen. Andere müssen ein so großes Studienpensum bewältigen, dass sie abseits des gesellschaftlichen Lebens stehen. Zwei Portraits.


Dieser Artikel erschien zuerst in der Beilage read.me in der Erziehung und Wissenschaft (Heft 10/2007), der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Wir danken der Redaktion und den Autorinnen für die Genehmigung, den Artikel auch bei Studis Online publizieren zu dürfen.
»Zu kaputt zum Lernen«

»Abfahrt Donnerstag um 8 Uhr, o.k. ich bin da. Tschüß«, sagt Tom und legt den Hörer auf. »Damit muss ich schon wieder ein Referat absagen, meine Dozentin wird nicht begeistert sein.« Noch ein Semester, in dem Tom wegen mangelnder Anwesenheit seine Scheine nicht bekommen wird. Aber was soll er machen? »Irgendwie muss ich ja meine Miete zahlen.« Da er erst spät und über den zweiten Bildungsweg an die Uni gekommen ist, erhält er kein BAföG: »zu alt« (Hinweis von Studis Online: Das ist so nicht immer richtig. Wer direkt im Anschluss an den zweiten Bildungsweg studiert, kann meist doch noch BAföG bekommen. Siehe hier) – und auch seine Familie unterstützt ihn nicht. »Keiner von denen hat studiert und sie verstehen nicht, warum ich das unbedingt machen will.«

Tom hat einen ziemlich coolen Job bei einem Veranstalter von Mittelalter-Märkten, wo er unter anderem als Ritter auftritt. »Das macht schon jede Menge Spaß und das Geld stimmt auch.« Aber da diese Veranstaltungen über die ganze Republik verstreut stattfinden, kostet das eine Menge Zeit. Zeit, die dann fürs Referate halten, Arbeiten schreiben, Lernen oder nur die Anwesenheit im Seminar fehlt.

»Ich muss die Termine, die ich kriege, halt wahrnehmen. Wenn die Saison vorbei ist, verdiene ich eben nichts bis zum nächsten Frühjahr oder so.« Um diese Zeit zu überbrücken, jobbt er in einem Gothic-/Esoterik-Laden: »Lagerarbeiten, Verkauf, halt alles, was so anfällt. Viel Geld bringt das aber nicht, da nehme ich jede Schicht mit, die ich bekomme«. Wie oft er zur Uni geht, will ich dann noch wissen. »Wenn es gut läuft: zwei Tage die Woche, aber dann auch nur für die Anwesenheit. Zum Lernen oder richtig was zu machen, bin ich meistens zu k.o.«

Das Gespräch führte Jana Fischer, Sprecherin des Bundesausschuss der Studentinnen und Studenten (BASS) in der GEW, Name auf Wunsch des Befragten geändert



»Workload ist der Hammer«

Energisch geht Elke in Richtung Bahnhof: »Wenn ich diesen Zug erwische, bin ich noch vor 20 Uhr zu Haus, das wäre super!« Zeit ist der beherrschende Faktor im Gespräch. Man hat das Gefühl, Elkes Gedanken kreisen immer darum, möglichst viel Tag in ihren vollen Terminplaner zu stopfen. Sie studiert im dritten Semester Psychologie in Düsseldorf, und wenn auf Familienfeiern Klischees vom faulen Studentenleben ausgepackt werden, winkt sie nur müde ab.

»Der workload bei uns ist der Hammer! Ich habe 26 Semesterwochenstunden, außerdem lerne ich noch eine Sprache an der Uni, und natürlich muss ich die Seminare auch vorbereiten. Von Lerngruppen, um Referate vorzubereiten oder Experimente durchzuführen, ganz zu schweigen.« Entspannung brächte da eine nette WG in Uninähe. Denn Elke muss jeden Tag über eine Stunde zur Uni fahren und abends natürlich auch wieder zurück, aber eine eigene Wohnung ist nicht drin.

»Ich hab´ mit Studienbeginn einen Job gesucht, um langfristig auch nach Düsseldorf ziehen zu können, um etwas Studiflair abzukriegen. Aber es ging nicht. Arbeitgeber wollen flexible Arbeitskräfte, ich bin aber jeden Tag bis 17 oder 18 Uhr an der Uni. Flexibel ist anders. Auch Kellnern habe ich ausprobiert. Aber viele Seminare fangen bei uns um 8 Uhr an, da kann ich nicht die ganze Nacht auf den Beinen sein.« Also wird Elke wohl auch die nächsten Semester um kurz nach 6 Uhr morgens in den Zug steigen.

Aber das ist für sie gar nicht das Schlimmste: »Als ich noch zur Schule ging, habe ich nachmittags Nachhilfe gegeben und mir so was verdient. Selbst das geht nicht mehr. Also krieg ich von meinen Eltern wieder Taschengeld, das kratzt ganz schön an meinem Ego!«

Das Gespräch führte Claudia Wrobel, Landesausschuss der Studentinnen und Studenten (LASS) in der GEW Berlin, Name auf Wunsch der Befragten geändert



Studienfinanzierungsmöglichkeiten im Überblick (Infos von Studis Online)